Probearbeiten
Colin stand der Schweiß auf der Stirn, während er im Wohnzimmer der Dachgeschosswohnung auf einen Stuhl kletterte. Nur so konnte er auf den hohen Regalen, die vor ihm standen, den Staub wischen.
Diese alltägliche Tätigkeit war insofern besonders, als dass Colin splitternackt war und bei der Reinigung der Wohnung von drei Frauen kritisch beäugt wurde. Das wiederum lag an der Bewerbung des jungen Mannes als Nacktputzer.
Nachdem sein polizeiliches Führungszeugnis ohne Eintragungen gewesen war und auch weitere Überprüfungen im Hintergrund keine Probleme aufgedeckt hatten, war der junge Mann zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden. Während der erste Teil noch wie üblich verlaufen war, ging es nun an den praktischen Part.
Die drei Gründerinnen des Nacktputzservices wollten sich ein genaues Bild von seinem Können machen. Nicht selten scheiterten Bewerber in dieser Phase, wenn sie nicht gründlich arbeiteten und so bewiesen, dass es ihnen nur darum ging, sich nackt zu zeigen. Zudem war es das Anliegen der Agentur, in jeder Hinsicht optisch perfekte Ergebnisse zu liefern.
Obwohl Colins exhibitionistische Ader ihn zu der Bewerbung gebracht hatte, war es ihm auf Dauer doch unangenehm. Mehr als einmal hatte er ein Flüstern hinter sich vernommen und war nicht sicher, ob es um seine Arbeit oder seinen Körper gegangen war. Dazu kam, dass die potenziellen Chefinnen Fotos für das Portfolio auf der Webseite anfertigten.
»Gar nicht mal so übel«, stellte eine der Gründerinnen fest, nachdem sie mit einem weißen Stoffhandschuh über die gereinigten Flächen gefahren war.
»Mehr aber auch nicht«, gab ihre Partnerin zu verstehen. »Aber es reicht wohl, um es mit dir zu probieren. Zumindest auf der untersten Lohnstufe.«
»Was heißt das?«, wollte Colin wissen.
»Du bekommst einen Euro pro Stunde und Zentimeter.«
»Pro Zentimeter?«
»Pro Zentimeter«, bestätigte die Dritte im Bunde, während sie grinsend ein Lineal hervorholte.
Für eine (be)sinnliche Vorweihnachtszeit:
4 Kommentare
10.04.20
Zwergenpimmel
In meiner Phantasie darf jeweils die Auftraggeberin messen und kommentieren, was sie bekommen hat. Vielleicht sucht ja die Preisbewusste Frau auch schon entsprechend nach Preis/Optik Verhältnis aus
Ich wäre dann wohl die Wahl für die ganz sparsamen . . .
28.08.21
LynoXes
Oder der Nacktputzer hat nach der Kontroller der Arbeit durch die Auftraggeberin eine halbe Minute Zeit, um sein bestes Stück ohne Hilfe der Hände aufzurichten und so auf die Messung vorzubereiten. Blöd, wer unter solchem Druck nicht liefern kann …
10.04.20
Zwergenpimmel
Wird die Länge eigentlich steif oder schlaff gemessen? Oder nach einer kalten Dusche?
28.08.21
LynoXes
Das bleibt der Fantasie der Leser überlassen. Die Idee mit der kalten Dusche hilft aber sicher, Kosten zu sparen. ;)
09.04.20
Zwergenpimmel
Da hast auch wieder recht. Wer zu kurz geraten ist muss länger bleiben.
Hast immer gute Ideen